Mojave and Joshua Tree National Parks

Tag 30 (Dienstag, 25. September) Das Jogging-Morgenründeli führt uns nach Tecopa Downtown des 150 Seelen-Ortes, und zeigt uns neben der umwerfenden Landschaft auch die Vergänglichkeit und den Niedergang: Viele Gebäude sind verlassen, geschlossen, am Verfallen. Einige entwickeln erst dadurch einen gewissen Charme oder die besondere Atmosphäre. Da das Motelpersonal erst am Mittag erscheinen wird, wird auch klar, dass es mit dem Frühstück nichts wird. Wir fahren also die ersten 50 Meilen vor dem Zmorgen nach Baker hinunter. Dort, in der Stadt, eigentlich nur eine etwas ausgebaute Strassenkreuzung, kehren wir zum Brunch bei Denny’s ein.

Bevor es weiter geht, folgt hier an dieser Stelle ein Exkurs über die sanitären Einrichtungen in den amerikanischen Motels und deren Auswirkungen auf das tägliche Leben, ein kanalisches Thema also. Zuerst die Duschen: Es sind (in der Hotelkategorie, die wir  aufsuchen) ausnahmslos Fertigduschen, die an einem Stück eingebaut werden. Dies macht die Bäder zwar aalglatt, verhindert im Gegenzug aber, dass grauenhaft ausgeführte Plättlilegerarbeiten dem Auge wehtun. Genial sind die auswärts ausgebauchten Duschstangen, die auch die kleinste Badewanne in eine geräumige Dusche verwandeln. Das wahrlich raffninierte sind aber die Armaturen: Sie bieten einem täglich ein neues Rätsel, wie nun das Wasser zu dosieren und die Temperatur einzustellen ist. Einmal heisst es ziehen, dann wieder drehen. Bei den letzteren kommt manchmal beim Öffnen des Hahns zuerst das kalte Wasser, und erst beim Weiterdrehen das Warme, bei anderen ist es umgekehrt. Kurzsichtige müssen da in die Knie, um genau zu sehen, was sie da machen. Legt man dann den Hebel um, der das Wasser vom Hahn in die Brause umlenkt, kriegt man den ersten kalten (oder brandheissen) Schauer voll über den Rücken. Wer meint, es sei ein Hahn zum ziehen, und es ist in Tat und Wahrheit aber einer zum drehen, hat die halbe Installation aus der Wand gerissen! Auch die Art der Brause ist grosser Variabilität unterworfen: zu hoch angebracht, oder zu tief, die Richtung des Strahls, und auch seine Stärke sind oft sehr unerwartet und beschert einem eine Sürprise. Nun wenden wir uns aber einem Objekt zu, das wirklich ans Eingemachte geht: Das Klosett. Die Schüsseln sind manchmal wackelig oder gar nicht am Boden befestigt, was beim Gebrauch zu grosser Vorsicht Anlass gibt und Balance erfordert. Bei der Spülung gibt es auch unterschiedliche Systeme: Während die einen nach Betätigen des Hebels einen unmittelbaren raketenartigen Sog erzeugen, die alles, aber auch wirklich alles mit sofortiger Wirkung und zischendem Geräusch gleichsam ins Jenseits befördern, wirbeln die anderen den Inhalt der Schüssel dank der Corioliskraft, die naturgemäss schwach ist, nur sanft etwas herum, und nur mit etwas Glück und mehrmaligem Betätigen der Vorrichtung gelingt es, das Geschäft mehr oder weniger aus der Welt zu schaffen. Dies führte heute zum Beispiel dazu, dass Urban draussen in der kargen Landschaft ein Zauberstecklein suchen musste, um der Sache mit einem an einen Fluch erinnernden Zauberspruch gleichsam das richtige Format zu geben, um erfolgreich um die Ecke gebracht zu werden.

Aber nun genug davon. In Baker besichtigen wir noch die zwei Sehenswürdigkeiten, die es da gibt: Den (angeblich) grössten Thermometer, und einen extraterrestrischen Devotionalienladen. Wir tanken noch auf, und dann geht es weiter auf der Route 127 nach Süden, hinein in den Mojave National Park. Uns begleitet eine unglaublich schöne (mich fröstelt es immer noch beim Schreiben bei der Erinnerung) Landschaft. Mitten im Park kreuzen sich die Strassen in Kelso, und es führt dort auch eine Bahnlinie vorbei, die im Zweiten Weltkrieg eine grosse Bedeutung hatte. Das ehemalige Bahnhofsgebäude wurde zu einem Visitor’s Center umfunktioniert, eine richtige Oase mit Palmen und grünem Rasen, mitten in der Wüste. Da es weder Tankstellen-Shop noch General Store gibt, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen könnten, setzen wir unsere Fahrt fort durch die südliche Hälfte des Parks, queren die I-40 und kommen schliesslich auf die berühmte Route 66, der wir rund 7 Meilen bis nach Amboy folgen.

Dort gibt es endlich ein Café (Roy’s Cafe), wo wir dann einkehren. Es gibt zwar einige sehenswerte, aber etwas abgegriffene Alben mit Fotos aus früheren Zeiten, die wirklich exciting sind, aber sonst ist das tote Hose: Der Barkeeper regt sich erst, danchdem wir sehr deutlich wurden, und schenkt uns dann Kaffee aus, das heisst, eigentlich schenkt er nur heisses Wasser aus, in das er etwas rührt, was das Ganze zu Kaffee machen soll. Als Milchersatz schiebt er uns eine grosse Büchse mit sog. Creamer hin, aus dem wir uns bedienen sollen, der aber leer ist. Selbstredend hat er auch keinen Ersatz dafür. Diese Brühe eignet sich nicht einmal, um sie Urban über die Hose zu leeren, obwohl Hugo einen einigermassen tauglichen Versuch dazu unternimmt (abgelenkt von Sehenswertem, dass er schutzlig seinen Kaffeebecher umkippt); ausser dem Überraschungsmoment kein Effekt, nicht mal ein hellbrauner Fleck vermag sich zu bilden.

Wir fotografieren noch das Postamt, die Gebäude von aussen, und die Bemalung der Strasse (das Route 66-Zeichen), schauen noch einem Zug zu, der heulend vorüberfährt, dann verlassen wir den ungastlichen Ort und fahren 3o Meilen weiter nach Süden, durch eine Landschaft mit vielen, oft verlassenen, Häusern, ohne dass irgend eine landwirtschaftliche Aktivität festzustellen ist, in den Ort mit dem ungewöhnlichen Namen 29 Palms. Die ganze Ortschaft besteht überwiegend aus Coiffeurläden und Tätowier-Stuben! Ist richtig schwierig, ein Restaurant und eine Tankstelle zu finden, um unseren Durst und denjenigen unserer Maschinen zu stillen. Die Erklärung für all diese Phänomene liegt darin, dass hier das Twentynine Palms Marine Corps Air Ground Combat Center liegt.

Von dort geht die Strasse nach Süden direkt in den Joshua Tree National Park hinein, den wir im milden Abendlicht durchqueren, unbeschreiblich schön, mit den Palmen und Kakteen, und ungewöhnlichen Felsformationen. Der Name des Parks rührt von der Pflanze Yucca brevifolia her, die die Mormonen wegen der Äste, die an die erhobenen Arme der biblischen Figur erinnern, Joshua Tree nannten. Die Felsen, die in grossen Knollen ganze Berge bilden, sind das Ergebnis der Erosion, die nur die runden Granitblöcke übriggelassen hat, was irgendwie aussieht, wie wenn Riesen mit abgerundeten Felsbrocken gespielt haben und diese anschliessend liegen liessen.

Am Südrand des Parks stossen wir dann auf die I-10, auf der wir, nach Westen fahrend, bei Sonnenuntergang Indio erreichen, wo wir im Hotel Dattelpalme (Date Tree Hotel) Logis nehmen. Dies ist die am tiefsten gelegene Übernachtung unserer Reise (4-6 Meter unterhalb Meeresniveau). Wir plantschen noch im Mondenschein im Pool, danach geht’s ab zum Znacht in das mexikanische Restaurant El Campanario.

Tecopa, CA (A) – Kelso, CA (B) – Amboy, CA (C)  – Twentynine Palms, CA (D) – Joshua Tree, CA (E) – Indio, CA (F)
Trip: 257mi / 414km (Total: 6’842mi/11’009km)
Zeit: 6:00h